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Freitag, 1. Juli 2016

DER ENGLISCHE GRUSS (3 / 9)

Fortsetzung von DER ENGLISCHE GRUSS (1 / 9)
Fortsetzung von DER ENGLISCHE GRUSS (2 / 9)

Deshalb, um diesen ihren dreifachen Vorzug vor den Engeln anzudeuten, wollte der Engel ihr seine Ehrfurcht bezeigen; und deshalb sprach er zu ihr: Sei gegrüßt. So übertraf also die allerseligste Jungfrau die Engel in diesen drei Punkten, — und zwar erstens in Bezug auf die Fülle der Gnade, die ihr in reichlicherem Masse als irgendeinem Engel zuteil geworden. Um nun dieses anzudeuten und sie dafür zu ehren, fügte der Engel bei:

Du bist voll der Gnade

Es will das soviel sagen, als wenn er gesagt hätte: „Ich bezeige dir deswegen meine Ehrfurcht, weil du an Fülle der Gnade mich übertriffst“.

Die allerseligste Jungfrau wird aber in dreifacher Beziehung „voll der Gnade“ genannt.

1. In Beziehung auf ihre Seele, welche die ganze Fülle der Gnade besaß. —
Die Gnade Gottes wird nämlich zu einem doppelten Zwecke verliehen, nämlich um das Gute zu tun und das Böse zu meiden. Und in diesen beiden Beziehungen besaß die seligste Jungfrau die vollkommenste Gnade. Denn erstens hat sie jede Sünde mehr gemieden, als irgendein Heiliger nach Christus... Die Sünde ist nämlich entweder eine schwere oder eine lässliche, und von diesen beiden war sie frei. Darum sagt die Heilige Schrift von ihr: „Du bist ganz schön, meine Freundin, und keine Makel ist an dir“ (Cantic 4, 7). Und der hl. Augustinus schreibt in seinem Buche von der Natur und Gnade: „Wenn alle Heiligen in ihrem Leben befragt worden wären, ob sie ohne Sünde seien, so würden sie einstimmig geantwortet haben“: „Wenn wir sagten, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1 Joh. 1. 8).

„Hievon aber nehme ich aus die heilige Jungfrau, welche ich, wenn von der Sünde die Rede ist, wegen der Ehre des Herrn nicht einmal erwähnt wissen will. Denn wir wissen, dass derjenigen, die den sündelosen Heiland empfangen und gebären sollte, zum allseitigen Siege über alles Böse ein größeres Maß von Gnade zugeteilt worden (als irgend einem andern Geschöpfe)“.

Maria hat aber auch alle Tugenden (gleichermaßen) geübt, die anderen Heiligen dagegen besonders irgendeine einzelne; so der eine die Demut, ein anderer die Keuschheit, ein dritter die Barmherzigkeit. Und so werden sie mehr als Vorbilder einzelner Tugenden uns vorgestellt; wie z. B. der hl. Nikolaus, als Vorbild der Barmherzigkeit usf. Die allerseligste Jungfrau dagegen ist ein Vorbild aller Tugenden; sie ist ein Muster der Demut: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn“ (Luc. 1. 38); und: „Er hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd“ (Luc. 1. 48); das Urbild der Keuschheit, „denn ich erkenne keinen Mann“, und so betreffs jeder anderen Tugend, wie leicht nachgewiesen werden könnte.

(aus: Katechismus des hl. Kirchenlehrers Thomas von Aquin)



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